Vom Top Down Ansatz, der "von oben" nicht unterstützt wird
Michaela Scheller • 17. August 2020
Bei einem Barcamp stellte sich die Frage für Vertreter eines großen Konzerns, wie sie die Führungskräfte (vor allem Teamleiter) in die Verantwortung nehmen können, den Change mit zu tragen und ihn sogar aktiv voranzutreiben. Aus der grundsätzlichen Fragestellung, mit der dieses Unternehmen ja nicht allein ist, ergab sich eine sehr gute Diskussion.
Zunächst einmal stellt sich natürlich die Frage, für welche Art von Change hier Verantwortung übernommen werden und welches Business-Problem angegangen werden sollte. Dies haben wir diskutiert, für diesen Artikel möchte ich mich aber auf etwas Anderes konzentrieren. Nur so viel: Von „oben“ wurde vorgegeben, wohin die Reise gehen sollte. Also ein klarer Top-Down Ansatz.
Wir begaben uns also zunächst auf die Suche nach Hypothesen dazu, weshalb die Führungskräfte denn keine Verantwortung übernehmen (wollten). Die Gründe waren vielfältig, ein Punkt kristallisierte sich aber immer stärker heraus: Die Führungskräfte darüber und darüber (und darüber…) zeigten sich ebenfalls wenig begeistert, ein verantwortungsvolles Verhalten für den Change zu zeigen und fanden für sich selbst immer wieder Ausnahmen.
Nun könnte man argumentieren, dass ein „wasch mich aber mach mich nicht nass“-Ansatz nicht funktioniert. Man könnte gleich sagen, dass ein Ansatz, der von „Oben“ verordnet, dann aber bis zu den Teamleitern hinab nicht vorgelebt wird, zum Scheitern verurteilt ist und man gar nicht erst beginnen sollte.
In der Praxis benötigen aber wohl Viele einen pragmatischen Weg aus dem Dilemma. Wenn der Change also nicht von oben vorgelebt wird, wie kann ich als Change Manager (mit dem klaren Auftrag, den Change zu begleiten) dann helfen?
Ich glaube, dass drei Schritte hier sinnvoll sind:
1. Vorreiter identifizieren – Welche Führungskräfte sind heute schon Träger der Veränderung? Wo gibt es Abteilungen, die aufgeschlossen sind für Neues? Wo gibt es vielleicht schon Veränderungsinitiativen? Wo wird schon „anders“ gearbeitet?
2. Möglichkeiten schaffen, Hindernisse aus dem Weg räumen, Freiräume ermöglichen – Wie können Sie als Change Manager diese Teams unterstützen? Was können Sie ihnen an die Hand geben? Welche Rahmenbedingungen können Sie schaffen?
3. Sichtbar machen – Machen Sie den Weg, mit sowohl Erfolgen als auch Rückschlägen, für die Organisation sichtbar. Lassen Sie die Teams selbst erzählen und bieten Sie ihnen eine Bühne, so dass sich die Ideen verbreiten können.
Ich zitiere hier noch einmal gerne eine Aussage, die die geschätzte #SabineKluge einmal sinngemäß sagte: Man muss nicht immer die gesamte Streichholzschachtel anzünden. Manchmal reicht es aus, das ein oder andere Streichholz zu entzünden und damit in verschiedene Ecken zu leuchten.
ENGLISH VERSION
From the top down approach, which is not supported "from above" ...
At a barcamp, the question arose for representatives of a large company of how to make executives (especially team leaders) assume responsibility for the change and even actively promote it. This fundamental question, which I am sure is relevant for many companies, resulted in a very good discussion.
First of all the question arises, for which kind of change responsibility should be assumed here and which business problem should be tackled. We discussed this, but for this article I would like to focus on something else. Only so much: The management specified where the journey was about to go. So this was a clear top-down approach.
We started by looking for hypotheses why the executives did not want to take responsibility. The reasons were manifold, but one point crystallized more and more: The executives above and above (and above ...) were also not very enthusiastic about showing responsible behavior for the change and always found exceptions for themselves.
Now one could argue, that it is not possible to have an afford without giving (I cannot find an equivalent for the german saying “Wasch mich aber mach mich nicht nass”… - does anybody know?). One could say that an approach, that is prescribed by the management but then not put into practice as a value, is doomed to failure and should not even be started.
In practice, you probably need a pragmatic way out of this. So, if the change is not put into practice from above, how can I, as a change manager (with a clear mandate to accompany the change), give support?
I believe that three steps are useful here:
1.Identify pioneers - Which executives are already carriers of change today? Where are departments that are open minded? Where are already change initiatives? Where else is work done "differently"?
2. Create opportunities, remove obstacles, offer necessary space for development- How can you help support these teams as a change manager? Which practical help can you provide? Which framework conditions can you create?
3.Create visibility - with both successes and setbacks. Give the pioneers a stage so that the ideas can be spread.
Again, I like to quote a statement that #SabineKluge once said: You do not always have to light the entire matchbox. Sometimes it is enough to ignite one or the other match and let the light shine into different corners.

„Wir wollen effizienter werden, besser zusammenarbeiten und mit den Trends gehen.“ Aussagen, die ich häufig aus Unternehmen höre, wenn es um neue IT Systeme geht. Die Lizenzen laufen aus, das ist meist der eigentliche Grund des Wechsels. Diesen kann man allerdings nicht so schön kommunizieren. Stattdessen nun also Effizienz, verbesserte Zusammenarbeit und ein moderner Anstrich. So weit, so gut. Nehmen wir nun einmal an, es gibt Mitarbeitende, die bereits seit 10, 20, 30 Jahren wie folgt arbeiten: Sie stellen Präsentationen erst in Gruppenlaufwerk, wenn sie perfekt sind. Wissen behalten sie vorzugsweise bei sich und geben es erst in dem Moment preis, wenn sie selbst etwas davon haben. Die anderen Abteilungen sind zwar ganz nützlich, aber auch gut, um über sie zu schimpfen („Ich würde ja, wenn die Anderen erst mal ihre Arbeit machen würden“). Die eigene Arbeit hat Vorrang vor der Unterstützung Anderer bei der Zielerreichung. Ich kann mir vorstellen, dass wir alle solche Menschen kennen. Und sie haben sich in ihrem Unternehmen vermutlich bisher genau richtig verhalten. Das System hat sie dafür belohnt, so zu handeln. Anderes Verhalten wurde, in welcher Art auch immer, sanktioniert oder zumindest nicht honoriert. Nun generieren alle „neuen“ Tools aber erst dann einen wirklichen Mehrwert, wenn Menschen anfangen, anders zu arbeiten. Das Teilen von Informationen wird wichtiger. Unfertige Präsentationen können von Anderen eingesehen und vielleicht sogar bearbeitet werden. Es ist gewünscht, dass die Kooperationen von Abteilungen verstärkt wird und Wissen und Ideen sollen hierarchiefrei zugänglich sein. Was hilft? Was bringt Menschen dazu, entgegen ihrer Gewohnheit anders zu arbeiten? Statt nur an den Tools und Skills zu arbeiten, ist es wichtig, zusätzlich die Organisation auf den Prüfstand zu stellen. Welche Strukturen gibt es, die das bisher gezeigte Verhalten unterstützen? Wenn ich z.B. möchte, dass alle besser mit einander kooperieren und auch „freiwillig“ ihr Wissen mit Anderen teilen – kann ich dann wirklich als Unternehmen noch auf individuelle Zielvereinbarungen setzen? Oder sogar eine „verursachungsgerechte Stundenbuchung“ aufrecht erhalten? An welchen Stellen kann die Organisation verschlankt werden? Wie kann ich Räume schaffen, in denen mit den neuen Tools experimentiert werden kann (so dass positive Erfahrungen entstehen)? Tools wie die von Microsoft Office 365 können dabei immer nur unterstützen, ihr Einsatz allein ist jedoch kein Erfolgsrezept.

Ein Schild, wie es in vielen Firmen hängt. Es ist fast schon Standard und mal lustiger, mal seriöser formuliert. Gerne auch noch mit einem Bild versehen. Natürlich geht es um die Arbeitssicherheit, um Unfallvermeidung. Wenn ich allerdings zur Mittagszeit nur wenige Minuten in einem beliebigen Unternehmen im Treppenhaus stehe, finden sich maximal 1-2 Personen, die wirklich den Handlauf nutzen. Das sähe vermutlich auch sehr lustig aus, wenn Gruppen, die zum Essen gehen, alle hintereinander am Handlauf entlang gehen würden. Da erstirbt jedes Gespräch. Uns ist vermutlich allen klar: Wenn wir auf der Treppe stolpern, tut es im günstigsten Falle nur kurz weh. Dennoch wählen wir den Weg in der Mitte der Treppe. Diese Schilder sind in guter Absicht aufgehängt worden. Davon gehe ich jetzt einmal aus. Oder ist es so, dass die Unternehmen sich damit nur absichern? Sicherlich nicht… Ich frage mich aber schon, welches Bild von den Mitarbeitenden dahintersteht. Wird ihnen nicht zugetraut, dass sie selbst wissen, was gut für sie ist? Braucht es in der Wahrnehmung eine Aufforderung wie bei kleinen Kindern, sich abzusichern? Was vermittelt das eigentlich genau? Ist es da nicht nur konsequent, diesen Hinweis zu ignorieren? Das bringt mich zu der Frage, wie wir im Change Management arbeiten. Welche Annahmen haben wir bezüglich derer, die wir „mitnehmen“ wollen im Veränderungsprozess? Weshalb werden auch hier so viele (in guter Absicht) erstellten Unterlagen und Formate ignoriert? Hat es vielleicht auch damit zu tun, dass wir versuchen, andere Menschen zu bevormunden? Überall wird der Ruf laut, Mitarbeitenden mehr Verantwortung zu geben. Selbst entscheiden zu lassen und bitteschön nicht immer die Führungskraft für Lappalien zu fragen. Gleichzeitig bereiten wir den gesamten Change Prozess in winzige Häppchen auf und servieren ihn möglichst interpretationsfrei und mundgerecht. Glaube wir wirklich, dass das notwendig ist? Ist es nicht vielmehr an der Zeit, Mut zur Lücke zu beweisen und alle Mitarbeitende auch ganz aktiv die Veränderung gestalten zu lassen statt sie ihnen „vorzukauen“? Immer wieder bin ich in Beratungsprozessen, in denen Letzteres fast automatisch passiert. Ein Reflex. Nicht in böser Absicht aber erlernt durch „das machen wir hier so“. Hier braucht es m.E. immer wieder einen Spiegel, der noch einmal kritisch hinterfragt: „Machen wir eigentlich die richtigen Dinge?“ (statt „Machen wir die Dinge richtig?“). Vielleicht hilft es auch, sich selbst noch einmal zu fragen, wie das auf einen persönlich wirken würde. Manchmal ist weniger eben mehr.

Elephant in the room - Unser Moderationskartenset gewinnt den Transformatino Pitch bei Festival of Change des Handelsblattes in Köln! Die Idee setzte sich mit weitem Abstand durch gegen die anderen Tools von EY, IBM und SYNC und Now Bildungsmanagement. Bei unvorteilhaften 34 Grad auch filmisch dokumentiert: https://youtu.be/QR3ZIXbjvok?si=FLJ_WAdaG4yrvHmS&t=3



